In Deutschland lange gewartet

Schon vor über drei Jahren hat Google international ein Update der Bildersuche ausgerollt. In einem Land hatte der Konzern bislang jedoch davon abgesehen, eine Anpassung an das internationale System vorzunehmen: in Deutschland. Doch nun hat Martin Mißfeld entdeckt, dass die neue Bildersuche auch bei uns live gegangen ist.

Auf den ersten Blick sieht alles normal aus. Sucht man nach einem Schlagwort, erscheinen die Bilder als Thumbnails. Doch klickt man auf einen dieser Thubnails, so wird man nun nicht mehr direkt auf die entsprechende Zielseite weitergeleitet. Vielmehr öffnet sich das Bild innerhalb der Google Bildersuche auf einem schwarzen Hintergrund.

neue BildersucheRechts vom Bild gibt es dann die Möglichkeit, mit einem weiteren Klick auf die Zielseite zu gelangen – das Gleiche passiert, wenn man noch einmal auf das Bild selbst klickt. Doch ist das noch nötig, wenn das Bild schon so groß vor einem ist, dass man es perfekt erkennen kann?

Das Problem, das viele mit der Bildersuche haben, ist folgendes: Google leitet den Nutzer nicht mehr auf die Zielseite weiter, sondern zeigt einfach das Originalbild innerhalb seines eigenen Angebots. Ähnlich wie mit AMP (wo die Inhalte bei Google zwischengespeichert werden) ist also ein Besuch der Website selbst nicht mehr nötig. Ingo Henze hat das Ganze in einem Video anschaulich dargestellt:

Wie ist der rechtliche Stand?

Rechtlich gesehen ist das Vorgehen von Google in der Bildersuche problematisch. Denn das deutsche Urheberrecht ist ein sehr starkes. Deshalb hat es wohl auch so lange gedauert, bis die neue Bildersuche nun auch in Deutschland an den Start gegangen ist. Grundsätzlich kristallisieren sich aktuell zwei Positionen heraus.

Auf der einen Seite stehen Verteidiger des Urheberrechts, wie zum Beispiel Martin Mißfeld, die schon seit Ende 2013 gegen die neue Bildersuche protestieren. Sie sind der Meinung, dass Google klar gegen das deutsche Urheberrecht verstößt, da der Konzern die Bilder praktisch von allen möglichen Websites klaut – und dann im eigenen Angebot zur Verfügung stellt. Denn das Bild wird von der Website genommen und bei Google selbst in hoher Auflösung präsentiert. Und grundsätzlich war es bisher so, dass einer Suchmaschine nur das Ausspielen von Thumbnails erlaubt war.

Doch in der Diskussion auf Facebook kam ein interessantes Gegenargument von Rechtsanwalt Thomas Schwenke. Er bezieht sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Hinblick auf Videos. Denn hier wurde entschieden, dass Medien auf anderen Seiten ausgespielt werden dürfen – solange sie nicht kopiert, sondern nur eingebettet werden. Hier gibt es zwar auch noch einige Ausschlusskriterien (keine Verfälschung des Kontext, das Bild muss freiwillig vom Urheber online gestellt worden sein) aber solche Probleme dürfte es in der Google Bildersuche eher nicht geben. Es scheint also, als stehe Google’s Entscheidung auf relativ rechtssicheren Beinen.

Hammer! Jetzt ist es tatsächlich passiert! Google führt die "neue" Bildersuche in Deutschland ein. Es wird Klagen hageln, da bin ich mir sicher …

Gepostet von Martin Missfeldt am Dienstag, 7. Februar 2017

Google bietet immer mehr auf der eigenen Seite

Es ist ohne Frage verständlich, dass Seitenbetreiber mit dieser neuen Art der Bildersuche nicht glücklich sind. Denn wir können davon ausgehen, dass viele Seiten nun einen erheblichen Trafficeinbruch verzeichnen werden. Und etwas dagegen zu tun dürfte sich als schwierig erweisen. Man kann die Bilder zwar löschen oder deindexieren, aber dadurch wird man ja auch keinen Traffic erhalten.

Denn Google geht immer mehr in die Richtung, Inhalte im eigenen Angebot darzustellen. Dies kann auf eine Art und Weise geschehen, die den dahinter stehenden Websites zusätzlichen Traffic bringt – Knowledge Graphs sind hierfür ein gutes Beispiel. Doch es kann auch den Traffic der Seiten komplett einbrechen lassen – beispielsweise, indem man die Direct Answers so ausführlich macht, dass weitere Informationen einfach nicht mehr nötig sind.

Und so verhält es sich auch mit der neuen Bildersuche. Wer das gewünschte Bild in großer Auflösung gesehen hat, wird sich wahrscheinlich nicht noch auf die dahinter stehende Seite durchklicken – ich würde es jedenfalls nicht tun. Es scheint jedoch so zu sein, dass Google hier nicht gegen die aktuelle Rechtssprechung verstößt. Sonst hätten sie diese Änderung auch sicher nicht vorgenommen. Die Frage ist, wie passend zur gegenwärtigen Lebenswirklichkeit im Internet diese Rechtssprechung noch ist. Denn wenn jeder einfach alles einbetten kann, was auf anderen Websites zu finden ist, dann dürfte das Urheberrecht in seiner jetzigen Form bald Geschichte sein.

Wo ist die Grenze?

Die Frage ist, wo man die Grenze zieht. Auch in diesem Artikel wurden fremde Inhalte eingebunden, nämlich das oben verlinkte Video von Ingo Henze. Dies befindet sich auf YouTube, ist aber auch auf seiner Seite eingebunden (die wir entsprechend verlinkt haben). Was wäre also hier der richtige Ansatz? Nur Ingo’s Seite verlinken und auf die Existenz des Videos hinweisen? Das Video einfach nur von YouTube einbinden? Oder das, was wir gemacht haben und für einen guten Kompromiss halten?

Es scheint, als müssten sich sowohl die Szene als auch die Gerichte mit diesem Thema noch einmal intensiver befassen, und auch eine Unterscheidung zwischen verschiedenen Medien herbeiführen. Denn während ich persönlich ein Video oder eine Social Media Diskussion sofort hier einbinden würde, würde ich das mit urheberrechtlich geschützten Bildern keinesfalls tun. Wenn wir zum Beispiel Screenshots von The SEM Post zeigen, dann nur, weil wir uns dafür die Erlaubnis geholt haben. Und es scheint nicht so, als hätte Google vor der Umstellung seiner Bildersuche das Gleiche getan. Hier muss sich also das Recht in den kommenden Jahren fragen, wie sehr die aktuellen Regeln in der Realität verankert sind. Wir dürfen gespannt sein, wo uns diese Kontroverse noch hinführen wird.

Was ist eure Meinung? Sagt und in den Kommentaren, was für Regeln ihr bevorzugen würdet!

10 KOMMENTARE

  1. Ein wichtiger Unterschied zwischen YouTube-Videos und eigenen Bildern ist, dass die Standard-Lizenz bei YouTube das Teilen explizit beinhaltet, der Nutzer also zustimmt.

    Bei Bildern greift Google die Fotos ungefragt ab, stellt sie in Originalgröße dar, teilweise größer als auf der Webseite selbst, verursacht dennoch Traffic auf der Webseite. Und vor allem bietet Google vorrangig keinen Zugang mehr zur Webseite, sondern erledigt das durch einen kleinen Button. Daher ist in meinen Augen klassischer Content-Klau, der immer weider von Gerichten auch so behandelt wurde. Einzig ein Ausschluss der Bilderordner für den Bot kann das verhindern. Dann erscheint das Bild aber nicht mehr in der Bildersuche.

    Stellt euch vor, ein fremder Webmaster würde ein Foto in Originalgröße einbetten. Ich denke, das wäre nach aktueller rechtlicher Lage nicht erlaubt.

    • Hallo Michael,

      das ist halt die Frage. Aktuell kannst du wohl alle möglichen Videos einfach einbetten. Gilt das auch für Bilder? Google denkt wohl ja. Aber am besten wäre es wohl, wenn die Gerichte das nochmal genauer anschauen.

      • Ja, klar ist das die Frage. Die wird vermutlich Gerichte beschäftigen.

        Du hast das im Artikel ja auch im Halbsatz erwähnt. Aber der Unterschied ist die Lizenz. Für jedes teilbare YouTube-Video hat der User sein Okay gegeben. Bei Bildern ist es aber eben nicht.

        Zumal Google die Originalgröße auf dem Server und nicht das Format von der Seite anzeigt. Wenn du bspw. ein Foto durch Abmessungsangaben auf 500px Breite festlegst, es aber 750 px ist, zeigt Google das nch meiner Prüfung mit 750 px an. DAS ist sicher nicht vom Webmaster so gewollt. Ich kann nicht erkennen, wo der Webmaster hier sein Einverständnis gegeben hat. Hinzu kommt die Frage, was mit lizenzierten Fotos ist.

        Das wird in der Tat spannend. Aber so erscheint mir das tendenziell eher ein Verstoß gegen das Urheberrecht zu sein.

  2. Bei dem Vorgehen von Google, stelle ich mir die Frage nach einer Notwendigkeit von Bildlizenzen.
    Warum kaufe ich noch, wenn man es auch anders erlaubt ist?

    Ich sehe es selbst kritisch und als unfair an und würde selbst lieber Lizenzen kaufen, als Bilder via iFrame einzubinden…

  3. Bei Youtube hat Google zudem die Möglichkeit, Werbung vor oder während des Abspielens des Videos auszuliefern, auch wenn es auf anderen Seiten eingebunden ist. Sie verdienen also mehr Geld damit, wenn die Videos durch externe Einbindungen eine höhere Reichweite haben. Bei meinen Bildern habe ich diese Möglichkeit nicht. Nur Google hat die Möglichkeit, in Zukunft Werbung in ihrer Bildersuche auszuliefern und dann mit meinen Bildern Geld zu verdienen.

  4. Ich stelle mir die Frage: Warum nicht einfach auf das Indexieren der Bilder verzichten? Die Rückgänge sind dramatisch und warum also nicht gleich abschalten?

  5. Ich habe mir noch kein abschließendes Urteil zu Googles Bildersuche gebildet. Das liegt insbesondere daran, dass ich die neue Bildersuche mit Pinterest vergleiche. In meinen Augen macht Google das Gleiche, oder?
    Allerdings sehe ich dann eine Sache sehr kritisch: Ich habe Bilder von unserer Seite in Top-Position in Googles Bildersuche gesehen, die aber nicht von unserer Seite waren, sondern es waren Pins bei Pinterest, die User von unserer Seite gepinnt haben!!! Bei einem Besuchen-Klick in der Google-Bildersuche gelangt man dann zu einer Übersichtsseite von Pinterest, in der ich dann noch einmal lange suchen muss bis ich das Bild finde. Dann muss man auf das Pinterest-Bild klicken und dann erst stehen wir als Quelle, die man mit einem weiteren Klick erreicht! Und das finde ich absolut inakzeptabel! Zumal man sich nur einmal vorstellen muss, wenn Google Pinterest übernehmen sollte!

  6. Auch ich bin von der neuen Bildersuche von Google betroffen, wobei innerhalb der ersten anderthalb Monate der Traffic um knapp 75% eingebrochen ist. Damit verbunden gehen natürlich auch die Affiliate-Klicks zurück, was mir mit meinem privaten Blog nicht einmal mehr ein Nullsummenspiel ermöglicht.

    Aber wer den Google-Watchblog ein wenig verfolgt, wird da eine gewisse Struktur in den letzten Jahren finden, die sich wie ein roter Faden durch sämtliche Bereiche zieht. Angefangen bei Preisvergleichen und Bewertungsportalen über Online-Shops und nun eben die Bildsuche. Google stuft alles herab, was kein Google-eigenes Produkt ist, bringt eine eigene Alternative und monetarisiert diese nach etwa einem Jahr.
    Das wird aller Wahrscheinlichkeit auch mit der Bildsuche geschehen.

    Interessant finde ich aber viel mehr, dass sich die wenigsten zu diesem Thema äußern oder es vielleicht auch noch nicht realisiert haben. Dieses Vorgehen von Google wird vor allem den kleinen Blogs, die mit guten SEO und Bildertags gearbeitet haben, das Genick brechen. Die Arbeit wurde gewissenhaft für ein solides Ranking in Kauf genommen. Damit hat Google nun eine riesige vorsortierte und verschlagwortete Bilderdatenbank, die sie augenscheinlich kostenlos nutzen dürfen. Der Content scheint wie auch geschrieben nun von Google zu stammen und die Ursprungsseite wird nicht mehr geklickt. Und das ist nicht die Aufgabe einer Internetsuchmaschine.

    Gleichzeitig muss man sich aber von den normalen Nutzern anhören, dass man das nicht mehr Rückgängig machen sollte, es ist ja schön komfortabel. Andere Kommentare kommen aus einer anderen Ecke und schießt allgemein gegen die kreativen Handwerke. Hier wird nach dem Motto “Wer seine Bilder ins Internet stellt muss damit rechnen, dass sie geklaut werden” geschossen.
    Das mag sein – und ich habe auch generell kein Problem damit, wenn jemand mein Bild als Wallpaper verwendet. Aber wenn andere Firmen mit meinen Produkten, von denen ich leben muss, Geld verdienen, – ohne dass ich beteiligt bin – dann läuft gehörig was falsch.

    Falls es eine Sammelklage geben sollte bin ich definitiv dabei.

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