In unserer Reihe “Personen aus der Szene” stellen wir euch regelmäßig Persönlichkeiten vor, die in Eurer Übersicht nicht fehlen sollten. Diese Menschen bringen die Szene wirklich voran und überzeugen mit spannenden Ideen und interessanten Insights.
Heute geht es um: Eoghan Henn
Hallo Eoghan und vielen Dank, dass du dich zu einem Interview bereit erklärt hast. Einige unserer Leser kennen dich vielleicht als Blogger und als Entwickler eines neuen Tools. Aber stelle dich doch bitte einmal selbst vor.
Als Blogger kennt man mich wahrscheinlich am besten aus meiner Agentur-Zeit als SEO-Berater bei rankingCHECK. Der rankingCHECK-Blog ist eine großartige Plattform mit einer großen Stammleserschaft, bei der meine Artikel irgendwie immer ganz gut angekommen sind.
Deutschen Lesern eher weniger bekannt ist mein eigener kleiner Blog Rebelytics, den ich seit etwa 3 Jahren in meiner Freizeit betreibe und auf dem ich hin und wieder auf Englisch über SEO- und Web-Analytics-Themen schreibe, die mich interessieren.
Letzten Sommer habe ich meinen Agentur-Job bei rankingCHECK verlassen und mit meinem ehemaligen Kollegen Michael Weber, mit dem ich bei meinem ersten Arbeitgeber luna-park zusammengearbeitet habe, ein Startup gegründet. Michael entwickelt seit Anfang 2016 ein SEO-Tool für Website-Relaunches und ich bin seit meinem Einstieg in erster Linie für das Marketing unserer kleinen Firma verantwortlich.
Wenn ich mich schriftlich vorstelle, ist mir die Aussprache meines Namens immer sehr wichtig: “Eoghan” ist irisch und wird wie der englische Vorname “Owen” ausgesprochen.
Du hast Recht, im rankingCHECK Blog bist du mir persönlich auch das erste Mal aufgefallen. Wie hast du diese Zeit im Hinblick auf das Bloggen erlebt? Durftest du dir die Themen immer nach deinem persönlichen Geschmack aussuchen? Oder wie lief der Schreibprozess ab? Denn du hast ja zusätzlich sicher auch mit Kunden gearbeitet?
Bei rankingCHECK ist das ganze Team am Blog beteiligt, das heißt Bloggen ist im Prinzip eine Pflichtaufgabe. Manche behandeln es leider auch dementsprechend (als Pflichtaufgabe) und sehen gar nicht, was es für eine Riesenchance ist, seine Ideen so einem großen und qualifizierten Publikum zu präsentieren. Andere wiederum stecken eine Menge Energie in ihre Blogartikel und erreichen damit viel für die Agentur und für sich selbst.
Dadurch, dass der Blog bei rankingCHECK so eine hohe Priorität genießt, gehört er zu den besten Agenturblogs in der Online-Marketing-Szene. Eine vergleichbare Ausdauer und Frequenz (knapp 900 Artikel in 12 Jahren von über 50 Mitarbeitern) können mit Sicherheit nur die wenigsten Agenturen beim Bloggen vorweisen.
Ich habe mich immer schon Wochen vorher darauf gefreut, wenn ich laut Redaktionsplan wieder an der Reihe war, und habe auch ab und zu einfach mal einen Artikel außerhalb der Reihe veröffentlicht, wenn ich etwas interessantes zu berichten hatte. Die Themen durfte ich mir immer selbst aussuchen und es gab keinerlei Einschränkungen.
Natürlich habe ich bei rankingCHECK hauptsächlich für Kunden gearbeitet und auf das Bloggen habe ich “nur” ca. 1% – 2% meiner Arbeitszeit verwendet. Die Kundenprojekte waren dabei allerdings immer die wichtigste Inspirationsquelle für meine Blogartikel.
In welcher Richtung waren deine Kundenprojekte denn angesiedelt? Ging es querbeet durch alle SEO-Themen oder hast du dich mit der Zeit auf gewisse Kunden oder Maßnahmen spezialisiert?
In erster Linie habe ich B2B-Unternehmen mit internationalen und mehrsprachigen Websites beraten, allerdings nicht nur in der Suchmaschinenoptimierung, sondern auch bei der übergreifenden Online-Marketing-Strategie.
Innerhalb der Suchmaschinenoptimierung habe ich mich hauptsächlich mit internationalen SEO-Themen (wie z.B. hreflang) befasst und außerdem eine ganze Reihe von Relaunches aus SEO-Sicht begleitet.
Zusätzlich habe ich die Webanalyse als eigenständige Dienstleistung bei rankingCHECK eingeführt und etabliert. Der Bereich wurde dann später von anderen übernommen und inzwischen hat rankingCHECK ein echt starkes Team von Webanalysten und viele sehr interessante Webanalyse-Projekte.
Das hört sich ja eigentlich nach einem tollen Arbeitsplatz an. Wie kam es, dass du dich trotzdem für die Selbstständigkeit entschieden hast? Denn das ist ja immer ein großer Schritt.
Ja, der Job war wirklich toll, aber auch sehr stressig. Um es im Agentur-Business lange auszuhalten, muss man schon ein dickes Fell haben. Für mich war nach sechs Jahren der Punkt gekommen, an dem sich der ganze Aufwand einfach nicht mehr gelohnt hat.
Jetzt arbeite ich deutlich weniger (aber dafür umso produktiver), habe fast keine Deadlines und keinen Zeitdruck, verbringe viel Zeit mit meiner Tochter und meiner Partnerin, mache fast jeden Tag Sport und schlafe gut und viel. Natürlich habe ich weiterhin auch Stress und Sorgen, aber auf einem deutlich gesünderen Level.
Klar war es ein großer Schritt (zumindest erschien es mir vorher so) und ich hatte auch große Angst, dass es schief läuft, aber rückblickend war es die beste Entscheidung, das Angestellten-Dasein und die 40-Stunden-Woche hinter mir zu lassen.
Und jetzt arbeitest du an einem neuen Tool. Worum geht es bei eurer Idee denn konkret?
Unser Tool heißt searchVIU und unterstützt SEO-Agenturen, Unternehmen und Web-Agenturen bei der Durchführung und SEO-Begleitung von Website-Relaunches. Bisher gibt es keine SEO-Tools, die Website-Betreibern gezielt bei der großen Herausforderung eines Relaunchs helfen.
searchVIU crawlt die Live-Website und die Testumgebung der neuen Website, importiert zusätzlich Daten aus verschiedenen Quellen wie Google Analytics und Google Search Console, und weist dann auf alle Änderungen hin, die beim Relaunch zu Sichtbarkeits-, Traffic- und Umsatzverlusten führen können.
Das Thema kommt bisher in der SEO-Branche sehr gut an. Wir haben bereits weit über 500 Anmeldungen für die Beta-Testphase erhalten, die in ein paar Wochen starten soll. Bei Website-Relaunches besteht also offenbar ein großer Bedarf an Tools, die Sicherheit bringen und Prozesse vereinfachen.
Ja, wir hören auch gerade in den Hangouts immer wieder von Leuten, deren Seiten nach einem Relaunch total abfallen. In welcher Sprache bietet ihr euer Tool denn an? Ich denke doch, direkt in englisch für den internationalen Markt?
Unsere Kommunikation nach außen machen wir komplett zweisprachig, auf Englisch und Deutsch. Das Tool wird zunächst auf Englisch entwickelt, aber wir bringen wahrscheinlich auch zeitnah eine deutsche Version mit raus, weil wir im deutschsprachigen Markt zu Beginn den größten Zuspruch erwarten. In den nächsten Jahren können wir uns auch vorstellen, weitere Sprachen zu bedienen.
Und du bist bei euch für das Marketing verantwortlich? Was waren denn deine ersten Schritte, um das Produkt erst einmal in der Szene bekannt zu machen?
Genau, ich kümmere mich in erster Linie ums Marketing, habe als Mitgründer aber natürlich auch noch einige andere Baustellen, an denen ich beteiligt bin.
Langfristig werden wir in erster Linie auf Content-Marketing setzen. Das Produkt und die Zielgruppe sind einfach perfekt dafür geeignet, um mit hochwertigen Fachartikeln zu Website-Relaunch-SEO Aufmerksamkeit zu generieren. Später, wenn unser Tool mehr Funktionen hat, werden wir natürlich noch weitere SEO-Themen behandeln und uns bei den Content-Formaten nicht nur auf Artikel beschränken.
Von den über 500 Anmeldungen, die wir bisher generiert haben, können wir ca. 30% auf unser eigenes Netzwerk und dessen Multiplikator-Effekt zurückführen, 60% auf großes Glück in der PR-Arbeit (wir hatten einen Artikel bei t3n, der richtig steilgegangen ist) und 10% auf unsere Vorträge bei der Campixx-Week diesen Monat (was ja eigentlich auch eine Form von Content-Marketing ist).
Einer der wichtigsten Faktoren für unseren bisherigen Erfolg im Marketing ist meiner Meinung allerdings die visuelle Gestaltung unserer Website und unseres Gesamtauftritts. Design ist ein Faktor, der von vielen Marketern leider sträflich vernachlässigt wird, weil er schwer greifbar und messbar ist. Wenn man Design im Unternehmen priorisiert, kann man sich einen großen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Eure Website ist in der Tat sehr ansprechend. Es ist wahrscheinlich auch kein Zufall, dass ihr auf das in der Szene beliebte Einhorn als Symbol setzt? Und welche weiteren Design-Kniffe kannst du verraten, die euch nach vorne gebracht haben?
Danke! Es freut mich sehr, dass die Website dir gefällt. Das Einhorn war die Idee unserer Designerin. Wir hatten uns ein Erscheinungsbild gewünscht, das weniger klischeebehaftet und maskulin ist, als die Designs der anderen Tool-Anbieter. Aus vielen guten Vorschlägen stach das Einhorn dann sofort heraus und wir haben uns hauptsächlich dafür entschieden, weil wir erwarteten, dass es die Gemüter spalten würde. So ist es dann auch gekommen: Die einen lieben es, die anderen hassen es. Und das ist immer ein gutes Zeichen, wenn es um Design geht.
Richtige Design-Kniffe oder -Tricks kann ich nicht verraten, weil ich selbst ein sehr schlechter Designer bin. Ich kann nur jedem empfehlen, sich dafür Kompetenz ins Haus zu holen und das Thema zu priorisieren. Unsere Nutzer sollen bei jeder Interaktion mit unserem Unternehmen eine angenehme Erfahrung machen. Deshalb haben wir zum Beispiel schöne Bestätigungsseiten für unsere Kontaktformulare und lassen unsere Designerin auch noch einmal unsere Blogartikel grafisch überarbeiten, bevor wir sie veröffentlichen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir bisher deutlich weniger Zuspruch erhalten hätten, wenn wir dieselben Inhalte in einer visuell weniger ansprechenden Form transportieren würden.
Bist du in das Design dann überhaupt involviert? Also machst du Vorschläge, die dann umgesetzt werden – oder lässt du der Designerin da völlig freie Hand? Denn das Marketing muss sich mit dem Corporate Design ja schon abstimmen, oder?
Da wir noch ein sehr kleines Unternehmen sind, ist eigentlich jeder in alles involviert. Der Designprozess läuft in der Regel so ab, dass ich unserer Designerin ein grobes Briefing gebe und sie dann Vorschläge macht. Konkrete Vorschläge mache ich selbst nicht, es sein denn ich habe zufällig eine gute Idee. Die Vorschläge unserer Designerin bespreche ich dann mit meinem Geschäftspartner Michael und so geht es dann hin und her, bis alle zufrieden sind. Und ja, Marketing und Corporate Design gehen natürlich Hand in Hand. Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass Design eines der wichtigsten Instrumente im Marketing ist.
Mit was für Tools arbeitet ihr denn, um eure Arbeitsabläufe zu strukturieren? Denn du bist ja mittlerweile auch gar nicht mehr in Deutschland, oder? Und ihr habt ja sicher gerade in der aktuellen Aufbauphase viel zu besprechen?!
Richtig, ich lebe in Galicien im Nordwesten Spaniens und arbeite komplett von hier aus. Für unsere Arbeitsabläufe ist das überhaupt kein Problem. Michael und ich kommunizieren in erster Linie per Hangouts und nutzten JIRA für unser agiles Projektmanagement.
Ich habe während meiner Zeit bei rankingCHECK auch schon remote gearbeitet (2 Jahre in Brüssel und 1 Jahr hier in Galicien) und komme mit dieser Arbeitsweise deshalb sehr gut klar. Wenn wir weiter wachsen, werden wir höchstwahrscheinlich auch weitere ortsunabhängige Mitarbeiter beschäftigen, zusätzlich zu einem Vor-Ort-Team in Köln.
Ärgerlich ist in dieser Situation leider nur, dass deutsche Behörden, Banken etc. noch nicht wirklich im 21. Jahrhundert angekommen sind. Gerade muss ich mich hier wieder mit lästigem Papierkram (aus echtem Papier) rumschlagen und mir irgendwelche albernen Stempel von Notar holen und Sachen per Briefpost verschicken. Ich hoffe, dass sich das bald ändert und dieser ganze Heckmeck einfach digital erledigt werden kann. Die Technologie ist dafür ja schon lange weit genug, die Mentalität leider noch nicht.
Ich kann mir vorstellen, dass es da einige Hürden zu überspringen gibt. Arbeitest du denn komplett im Homeoffice oder hast du ein Büro oder einen CoWorking Space? Denn Homeoffice ist manchmal doch sehr schwierig, egal, wie sehr man hinter einem Projekt steht?
Während meiner Agenturzeit war ich immer in Coworking-Spaces und konnte es mir auch wirklich nicht vorstellen, von zu Hause zu arbeiten. Ich habe aber auch immer in kleinen Wohnungen in der Stadt gewohnt, wo wenig Platz zum arbeiten war. Jetzt wohnen wir sehr abgelegen, direkt am Meer, weit weg vom nächsten Coworking-Space. Dafür habe ich aber ein richtiges Büro zu Hause, in dem ich sehr produktiv sein kann. Ich habe festgestellt, dass es nicht wirklich wichtig ist, ob man im Coworking-Space oder zu Hause arbeitet. Was man braucht, ist ein Ort an dem man sich wohlfühlt und an dem man nicht zu sehr abgelenkt ist. Von den drei Coworking-Spaces in denen ich bisher gearbeitet habe, hatte ich dieses Gefühl auch nur in einem.
Das hört sich so an, als wärst du für die Zukunft gut gerüstet! Lieber Eoghan, noch einmal besten Dank für deine Zeit und viel Erfolg mit eurem neuen Tool. Die letzten Worte gebühren natürlich dir.
Ich danke dir, Oliver, für die interessanten Fragen und für die gute Arbeit, die ihr insgesamt beim SEO-Portal macht. Ich lese immer wieder gerne eure Artikel. Und falls irgendwer dieses Interview bis hierhin gelesen hat: Danke dafür!
Meldet euch ruhig über Twitter, Xing, Linkedin, Rebelytics oder die searchVIU-Website bei mir, wenn ihr noch irgendwelche Fragen habt. Ich freue mich über jede Nachricht.
Lieber Eoghan,
ich finde es großartig, welchen Weg Du genommen hast. Und schön zu hören, dass es Dir auch privat gut geht.
Weiterhin ganz viel Erfolg mit dem eigenen Business und vielleicht laufen wir uns ja irgendwo wieder über den Weg. 🙂
Viele Grüße aus Düsseldorf
Flo