Recap WebVideoCon 2017

von Steffen Horstmann

Kategorie(n): Konferenzen und Recaps Datum: 26. Juni 2017

Die Konferenz für Videomarketing

Video ist ein beliebtes Format im Netz, doch die Einstiegshürden scheinen für Unternehmen hoch. Dass nicht alles immer nur Inhalt auf Hochglanz sein muss, bewiesen die Speaker auf der WebVideoCon 2017. Der bisher heißeste Tag des Jahres hat sich auf die Teilnehmer der WebVideoCon nur in den Pausen ausgewirkt. Denn der vollklimatisierte Börsensaal der IHK in Köln kam da eher einem Kühlhaus gleich. Die sich über Deutschland anbahnende Unwetterlage am 22. Juni konnte also getrost außen vor bleiben, wirkte sich später aber doch noch massiv auf den Bahnverkehr aus. Um 9.00 Uhr war „Check-In“ und die Veranstaltung konnte pünktlich um 9.30 Uhr mit den Grußworten von Ulf Reichhardt, dem Hauptgeschäftsfüher der IHK Köln beginnen. WebVideoCon

Wie du mit YouTube deine unternehmerische Zukunft sicherst

Als erster echter Speaker startete dann Christian Tembrink von Netspirits, ebenfalls Veranstalter der WebVideoCon, mit dem Thema „Wie du mit YouTube deine unternehmerische Zukunft sicherst“. Wie er selbst anmerkte ist der Titel etwas reißerisch gewählt, aber so verkehrt dann eben doch wieder nicht. Viele Unternehmen scheuen den Einstieg in das Medium Video und lassen so einen wertvollen Kanal einfach liegen. WebVideoCon 1 Über ein mehrere Jahre altes Video generiert Netspirits noch heute Kundenanfragen. Es muss also nicht immer der aktuelle „heiße Scheiß“ oder ein Hochglanzvideo sein, der rankt und zu Klicks führt. Insgesamt geht die Bereitschaft des Nutzers, lange Textwüsten zu lesen, immer weiter zurück. Video ist hier das optimale Ausweichmedium. Beispielhaft sind Videos zu Produkten in Online-Shops, in denen häufig gestellte Fragen beantwortet oder auch Hilfestellungen in der Kaufabwicklung gegeben werden. Da darf auch gerne mal Humor dabei sein. Content ist ein wertvolles Kapital, das mit den richtigen Zielen und gemeinsamer Arbeit vom ganzen Team richtig aus- und abgeschöpft werden kann.

Die Wirkung von personalisierten Videos im E-Mail-Marketing

Joscha Keller von ClipVilla präsentierte eine Kampagne der Sparkasse Bremen. Per Newsletter erhielten die Kunden die Information zu einer kleinen „Tournee“ eines Beratungstrucks zum Thema Immobilien. In der E-Mail war sehr prominent ein Thumbnail eines Videos eingebunden, der Klick darauf führte zu einer speziellen Landing-Page. Soweit nicht viel Neues, allerdings war das Video, was der Kunde zu sehen bekam, genau auf ihn abgestimmt. Versehen mit dem Namen des Kunden und dem Haltepunkt des Trucks, der dem Kunden geografisch am nächsten liegt, bekommt der Kunde doch den Eindruck, ein extra für ihn erstelltes Video zu sehen. WebVideoCon 2 8300 Empfänger hatte die Kampagne, also mussten 8300 verschiedene Videos erstellt werden. Allerdings sitzt hier niemand mehr am Schnittprogramm. ClipVilla kann aus Datenfeeds und einem Videotemplate beliebig viele, speziell angepasste Videos erstellen. Diese werden dann alle auf den Server geladen, erst ab einer größeren Anzahl werden Videos auch erst direkt beim Abruf „on-the-fly“ für den Zuschauer generiert. Zalando nutzt diese personalisierten Videos beim Retargeting. Im Video zeigt Zalando, welche Artikel noch im Warenkorb liegen und ob man die nicht nun doch endlich mal bestellen wolle. Sehr interessanter Vortrag einer coolen Idee. Und nein, die Software von Clipvilla kann man nicht kaufen ?

YouTuber-Marketing: Der schmale Grat zwischen Chaos, Content und Commerce

Holger Geißler von YouGov Deutschland präsentierte ein paar Infos zum Marketing mit bekannten YouTubern. YouGov ist ein auf Online-Marktforschung spezialisiertes Unternehmen. Dass der ein oder andere YouTube-Star schon mal das ein oder andere Produkt in die Kamera hält, dürfte sich rumgesprochen haben. Die Zielgruppe allerdings tickt da anders. Da meist schon vor dem Video ein Werbespot läuft, ist für die sich im Teenager-Alter befindlichen Fans das Thema Werbung abgehakt. Alles andere im Spot werden als Empfehlungen gesehen. Und was YouTuber empfehlen, verkauft sich auch. WebVideoCon 3 Das Bibi aber demnächst Halspastillen für die Stimmbandlockerung feilbietet, wird wohl nicht passieren. Denn das Produkt muss schon zum YouTuber passen. Interessant ist ein Tool von YouGov, um ein Video von Probanden direkt während des Anschauens bewerten zu lassen. Mit einem Regler der nach positiv oder negativ geschoben werden kann, lässt sich die derzeitige Interessenlage des Videos ermitteln. Genaue Analysen helfen hier herauszufinden, warum Videos an einer Stelle abgebrochen und nicht zu Ende geschaut werden.

Einfach machen lassen – Mitarbeiter als erfolgreiche Web-Video-Produzenten

Für viele ein großes Problem: „Wir müssen Videos machen, wer stellt sich vor die Kamera?“ Die Antwort ist meist ein Schweigen und der erfolglose Versuch der Mitarbeiter, sich unsichtbar zu machen. Martin Widenka, Social-Media-Leiter bei Thomas Cook bzw. Neckermann Reisen, stand ebenfalls vor dem Problem. Tolle Urlaubsziele lassen sich ohne Bilder natürlich nicht gut anpreisen, noch besser sind natürlich Videos der Destinationen. WebVideoCon 4 Gelöst haben sie es mit Anreizen für die Mitarbeiter. Wer in Urlaub fährt, kann sich anmelden und bekommt für den Urlaub eine GoPro-Ausrüstung zur Verfügung gestellt. Mit einer kurzen Einweisung in die Bedienung werden die Mitarbeiter dann in den Urlaub geschickt und heraus kommen dann Videos wie zum Beispiel dieses hier: https://www.youtube.com/watch?v=EFlcpc5jSvA Einziger Anreiz ist allerdings nicht nur die Leihgabe der Kamera, es gibt zusätzlich eine interne „Oscar-Verleihung“ und einen persönlichen, professionell geschnittenen Urlaubsfilm aus den Aufnahmen. Die Produktionskosten der Clips sind gering, die Reichweite und Klickzahlen dagegen hoch. Aber auch zur Katalogvorstellung bekommt das Social-Media-Team die jeweiligen Produktmanager vor die Kamera, wie diese Playlist beweist: https://www.youtube.com/watch?v=YV8WnTI0Aoc

Der neue Erfolgstrend: Snack Content

Ok, Snack-Content habe ich schon mal gehört. Als Franz-Josef Baldus von koelnkomm die Bühne betritt, dachte ich kurz: „Was kommt denn jetzt?“ Franz-Josef Baldus ist auf den ersten Blick nicht unbedingt als hipper Video-Experte auszumachen, dafür hat er umso mehr ein ziemliches Feuerwerk losgelassen. Begonnen hat er vor einigen Jahren mit Vine (mittlerweile eingestellt). Der Dienst von Twitter ermöglichte es, 6-Sekunden lange Videos zu posten. Wenig Zeit um Content unterzubringen, sollte man meinen. Für kreative Köpfe allerdings kein Hindernis, sondern eine Herausforderung. WebVideoCon 5 Snack-Content sind also kurze Inhalte, die als Video oder als GIF erstellt werden. Der folgende kleine Clip wurde quasi innerhalb von 5 Minuten am iPhone direkt auf der WebVideoCon erstellt: https://twitter.com/koelnkomm/status/878131792720666624 Es sind also keine aufwändigen Tricks mit komplexer Studiotechnik und spezieller Software nötig, um mal eben einen aufmerksamkeitsstarken Quickie für Twitter, Facebook oder Instagram zu erstellen. Der technische Aufwand und die Kosten für Snack-Content sind gering, die Herausforderung ist eher, die Kreativität zu entwickeln, aus völlig banalen Situationen etwas kreatives zu zaubern. Franz-Josef Baldus stellte einige seiner Arbeiten vor und der Mann brennt wirklich für das, was er da tut. Tipp: Bei Facebook-Seiten lassen sich jetzt Videos im Header-Bild einsetzen. Ein idealer Ort für einen Snack-Content ?

Influencer-Marketing: Der nächste Schritt für B2C-Marken

Nach der Mittagspause kam Duncan Reid von Stilnest mit einem englischsprachigen Vortrag auf die Bühne. Stilnest dreht das Influencer Marketing um. Unternehmen gehen bisher auf die Influencer zu wenn diese bereits Reichweite haben und versuchen Partnerschaften auszuhandeln, Stilnest baut Influencer zu mehr Reichweite auf und stellt sogar komplette Produktlinien wie Schmuck oder Merchandise-Artikel für diese her. Und das nicht ohne Grund, denn Influencer genießen laut Duncan mehr Vertrauen als eine Marke.

YouTube: Aufmerksamkeit ist die neue Reichweite

Von Google bzw. YouTube gesendet kam Moritz Dickfeld zur WebVideoCon und präsentierte den in weiten Teilen identischen Vortrag, den er bereits auf der BlooCon im Januar unter dem Namen „YouTube: Was kann es? What’s next?gehalten hat. Auch wenn viel drumherum erzählt wurde, ging es doch letztlich um die Werbemöglichkeiten, die YouTube bietet. Mit den richtig gewählten Zielgruppen und passendem Retargeting von Webseitenbesuchern kommen die Werbeclips auch bei den richtigen Menschen an. Problem an den Werbeclips ist aber, dass eigentlich jeder Nutzer nur darauf wartet, endlich auf den Skip-Ad-Button klicken zu können. Dieser lässt sich allerdings auch im Werbevideo gewinnbringend nutzen, indem der Nutzer in den ersten Sekunden des Videos kurz mit den gleich folgenden Inhalten angetriggert wird. Im Anschluss wird der Zuschauer aktiv vor die Wahl gestellt, den Werbeclip weiter zu schauen oder zum eigentlichen Video weiter zu klicken.

Die Kraft von Videos im B2B nutzen

Last but not least: Julia Lenhard von LogMeIn stellte die Möglichkeiten der immer beliebter werdenden Webinare vor. Ein Vortrag findet also nicht an einem bestimmten Ort statt, sondern als Livestream. Webinare bieten die Möglichkeit, Anwender eines Produktes oder Interessenten zu einem Thema direkte Informationen zu bieten. Praktischerweise lässt sich bei der Anmeldung zu einem Webinar auch gleich die E-Mail-Adresse abgreifen. WebVideoCon 6 So weit ist das nicht neu, ein Webinar bietet allerdings auch später noch Möglichkeiten, die entstandenen Inhalte und das Feedback dazu, zu weiteren Inhalten zu verarbeiten. Das komplette Webinar später auf YouTube zu veröffentlichen ist nur ein Teil davon, möglich ist auch die Aufbereitung und Verbreitung als Inhalt auf der Webseite, als Ebook oder als Whitepaper.

Fazit

Insgesamt war die WebVideoCon eine gelungene Konferenz zum Thema Video. Besonders der Beitrag zum „Snack-Content“ konnte wirklich begeistern und zeigte, wie mit wenig technischem Aufwand gelungene Inhalte entstehen können.  Die einzige Hürde ist die eigene Kreativität. Was mir bei den Themen mit den Influencern fehlte, waren ein paar rechtliche Hinweise zum Thema Werbung und deren korrekte Kennzeichnung bei den Influencern. Wer mit seinem Unternehmen bisher mit Videos nichts am Hut hatte, sollte sich so langsam Gedanken dazu machen.