Rezension: Übermorgen von Jörg Eugster

von Oliver Engelbrecht

Kategorie(n): Konferenzen und Recaps Datum: 8. Juni 2017

Der Zukunftsbotschafter

Vor einigen Wochen durfte ich Jörg Eugster zum Interview begrüßen. Der Internet-Pionier aus der Schweiz hat in den vergangenen Jahren schon einiges gesehen und kann aufgrund seiner täglichen Arbeit mit großen Unternehmen viele Anekdoten und Learnings zum besten geben. Und da er zudem gerade sein neues Buch "Übermorgen - Eine Zeitreise in unsere digitale Zukunft" veröffentlicht hat, hat er uns netterweise direkt ein Rezensionsexemplar zugeschickt. Jörg beschreibt darin, wie er sich die hochtechnologisierte Welt in knapp 15 Jahren vorstellt. Im Zentrum aller Überlegungen steht für ihn der Wunsch nach digitaler Transformation. Denn wer sich nicht an die neuen Gegebenheiten anpasst, der wird seiner Meinung nach schon bald "weggeUBERt werden. Doch was sind für ihn die wichtigsten Trends und Neuerungen, die unser Leben im Jahr 2030 bestimmen werden?

Die Welt in der Matrix

Es gibt einige Technologien, die heute noch in den Kinderschuhen stecken, aber nichtsdestotrotz das Potential haben, unser Leben in einigen Jahren zu bestimmen. Jörg gibt hier das Beispiel des Smartphones, welches erst vor 10 Jahren eingeführt wurde und heute aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken ist. Ähnlich wird die Entwicklung seiner Meinung nach auch bei anderen Dingen von Statten gehen, die wir heute vielleicht noch als sinnlose Spielereien oder unrealistische Träume abkanzeln. Jörg identifiziert einige dieser digitalen Megatrends, unter anderem die folgenden:
  1. Selbstfahrende Autos: Von Personen gesteuerte Autos, Busse und Bahnen sind für Jörg vom Aussterben bedroht. In seiner Vision für das Jahr 2030 werden diese nur noch von wenigen Menschen in dafür vorgesehenen Zonen genutzt. Ansonsten bewegen sich die Menschen ausschließlich in selbstfahrenden Fahrzeugen von A nach B.
  2. 3D-Drucker: Für Jörg besteht kein Zweifel daran, dass wir mit 3D-Druckern schon bald nicht nur alle möglichen Gegenstände, sondern auch Dinge wie Prothesen und Organe werden erstellen können. Dies würde nicht nur die Produktion, sondern auch die Medizin revolutionieren.
  3. Roboter: Roboter werden eine Vielzahl an Jobs übernehmen. Doch nicht nur in der Produktion, auch im Verkauf und im sozialen Sektor sieht Jörg großartige Möglichkeiten, menschliche Arbeitskraft durch besser geeignete Roboter zu ersetzen. Diese funktionieren dann natürlich mit künstlicher Intelligenz, noch so ein Megatrend.
  4. Blockchain: Durch die Blockchain lassen sich ganze Branchen disruptieren. Vor allem der Bankensektor wird vielleicht in einigen Jahren nicht mehr so benötigt, wie wir es noch heute gewöhnt sind. Jörg ist der Meinung, dass das Leben durch die richtige Nutzung der Blockchain unkomplizierter und auch billiger werden kann.
  5. Virtual Reality: In Jörg's 2030 geht es langsam los: Menschen und Dinge werden in der Matrix miteinander verbunden. Man muss also nicht mehr in Museen gehen oder eine Schule betreten, alles passiert in der Matrix und wird in vielen Fällen durch menschliche Avatare persönlicher gestaltet.

Wer nicht mit der Zeit geht...

Sollte auch nur ein Teil dieser Ideen Wirklichkeit werden, so ist klar, dass sich unser Leben von Grund auf ändern wird. Und damit werden sich auch unsere Bedürfnisse, unsere Wünsche und unser Kaufverhalten anpassen. Jörg appelliert daher an Unternehmen aller Art, sich auf das digitale Spielfeld zu begeben. Denn schon heute kennen wir unzählige Beispiele von einzelnen Unternehmen und ganzen Branchen, die während der Digitalisierung auf der Strecke geblieben sind. Wer verhindern will, dass die eigene Firma dieses Schicksal einmal teilt, muss sich digitale Mitarbeiter ins Unternehmen holen und diesen Querköpfen erlauben, verrückte Dinge auszuprobieren. Denn mit einem stumpfen "weiter so" wird man die Digitalisierung nicht aufhalten - man sorgt nur dafür, dass es jemand anders macht, der die analoge Konkurrenz dann vom Markt drängen kann. Gewohnheiten sieht Jörg daher als schlimmsten Ideenkiller an, die der Veränderungsbereitschaft im Wege stehen.

Social Open Book

In seinem Buch beschreibt Jörg viele tagesaktuelle technische Neuerungen. Da die gedruckte Version des Buches daher wohl schon heute nicht mehr zu 100% aktuell ist, hat er "Übermorgen" als Social Open Book angelegt. Auf der entsprechenden Website wird es daher immer wieder Aktualisierungen und Anpassungen geben. Es lohnt sich aber nicht nur deshalb, auf das kostenlose E-Book zurückzugreifen. Denn das Konzept erfordert auch an vielen Stellen Links und erklärende Videos. Diese kommen in der gedruckten Version natürlich nicht wirklich zur Geltung - sind in der digitalen Version aber eine tolle Ergänzung zum Text.

Fazit

Für die Zukunft hat Jörg einen Rahmen, nämlich das Gespräch eines Teenagers mit seinem Großvater im Jahr 2030, entwickelt. Diese Handlung wirkt manchmal etwas gezwungen und repetitiv, doch sie bildet einen sinnvollen roten Faden für die Abhandlungen über technische und unternehmerische Innovationen. Man merkt, dass Jörg enthusiastisch in die Zukunft blickt und "absolut keine Angst" vor digitalen Entwicklungen hat. Daher gibt er auch Zweifeln hinsichtlich des Datenschutzes oder einer zu starken künstlichen Intelligenz keinen Raum. Denn bei "Übermorgen" handelt es sich ausdrücklich um die hoffnungsvolle Vision eines Zukunftsbotschafters. Er will uns aufzeigen, was bald alles möglich sein könnte - und dies tut er auf knapp 250 lesenswerten Seiten auf eindrucksvolle Art und Weise. Ich wusste bei vielen Dingen gar nicht, wie weit die Technologie schon ist. Die Zukunft verspricht also, überaus interessant zu werden - und "Übermorgen" gibt dem Leser spannende Impulse in diese Richtung.